Konstruktivismus

verfasst von Prof. Dr. H. Geißler  am 20. 07. 10. 2022

Die erkenntnistheoretische Position des Konstruktivismus geht davon aus, dass Menschen - und auch Tiere -  ihre objektive Wirklichkeit immer nur mit Hilfe ihrer Wahrnehmungssinne und der Gehirnaktivitäten erfassen können, welche die wahrgenommenen Sinnesdaten verarbeiten. Die Vorstellungen über die objektive Wirklichkeit - und damit auch über das eigene Coachingproblem - sind deshalb immer subjektive Konstruktionen. 

Diese Vorstellungen haben die Funktion einer Self-Fullfilling-Prophecy. Denn wenn man an das denkt, was man als Problem erlebt, gerät man unwillkürlich in eine Problem-Trance bzw. Selbsthypnose (Gunther Schmidt), die die Problemvorstellung Wirklichkeit werden lässt.

Es ist deshalb falsch, die Coachees zu fragen, welches Problem sie haben. Denn damit suggeriert man, dass das Problem eine objektive Wirklichkeit ist. Genau das aber ist problematisch. Coaches sollte deshalb besser fragen, was ihre Coachees in bestimmten Situationen als problematisch, d.h. bedrückend, überfordernd usw. erleben.

Das Positive dieser Sichtweise ist, dass auch das Umgekehrte möglich wird. D.h. wenn man sich ganz konkret wie in einem Film, den man erlebt, eine Lösung vorstellt, gerät man automatisch in eine Lösungs-Trance, die dann wiederum quasi automatisch zur Lösung des Problems führt. 

Diese Möglichkeit ist der konzeptionelle Mittelpunkt des hypnosystemischen Online-Coachings.

 

Literatur

Geißler, H. (2018). Organisationspsychologie III - Grundlagen Coaching. Was ist Coaching? Hamburg: Hamburger Fern-Hochschule

Schmidt, G. (2004). Liebesaffären zwischen Problem und Lösung. Hypnosystemisches Arbeiten in schwierigen Kontexten. Heidelberg: Carl Auer Verlag