überarbeitet von Prof. Dr. H. Geißler am 20. 09. 2023
Mit Bildern bzw. bildbasierten Coaching-Tools kann man auf zweierlei Weise umgehen:
Die erste Möglichkeit besteht darin, sie zu einem Objekt zu machen, das mit Blick auf bestimmte Kriterien erfasst, analysiert und bewertet wird. Ein Beispiel für eine solche objektreferenzielle Bildbetrachtung ist die Versteigerung von Gemälden, bei der Käufer und Verkäufer sich vor allem auf den materiellen Wert der Bilder konzentrieren.
Die Alternative hierzu ist die immersive bzw. subjektreferenzielle Bildbetrachtung. Diese zeichnet sich dadurch aus, dass die Wahrnehmung des Bildes ein Erlebnis ist, das die betrachtende Person persönlich berührt. Immersive Bildarbeit ist deshalb ein wichtiger Schlüssel für den Zugang zum Unbewussten.
Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob KI immersive Bildarbeit anleiten kann. - Auf den ersten Blick scheint das nicht möglich zu sein. Denn für immersive Bildarbeit ist grundlegend, dass man als Coach sehr feinfühlig die Coachees motiviert, ein Bild nicht nur zu betrachten, sondern erlebensmäßig in das Bild einzusteigen. Immersive Bildarbeit ist deshalb eng mit Gefühls- und Körperwahrnehmung verbunden. Eine solche feinfühlige Einführung und Anleitung scheinen KI grundlegend zu überfordern, und zwar, weil KI keine Gefühle hat.
Aber KI kann Gefühle, die sich z.B. in textbasierten Dialogen ausdrücken, erkennen. Auf dieser Grundlage ist KI dann in der Lage, Coachees Aufträge zu geben oder Fragen zu stellen, die ein immersives Bild-Erleben anleiten. Denn um derartige Aufträge zu geben oder Fragen zu stellen, braucht man selbst keine Gefühle. Es ist dazu nur ein entsprechendes Wissen notwendig.
Dieses Wissen hat KI heute allerdings noch nicht - aber nur deshalb, weil sie bisher noch nicht oder nur wenig in diese Richtung trainiert worden ist. Es ist deshalb nur eine Frage der Zeit, bis KI entsprechend trainiert ist.
Literatur
Geißler, H. & Rödel, S. (2023). Praxishandbuch professionelles Online-Coaching. Weinheim, Basel: Beltz
Messerschmidt, J. (2015). Das Selbst im Bild. Frankfurt/M.: Peter Lang