Coaching-Medien

verfasst von Prof. Dr. H. Geißler  am 19. 07. 2022

Das grundlegende Merkmal aller Medien ist ihre Vermittlungsfunktion. Diese Vermittlung wird durch die physischen bzw. technischen Eigenschaften der jeweiligen Medien und durch die Media Richness, d.h. durch die Pluralität und Zusammenstellung der jeweils gewählten Medien bestimmt.

Mit Bezug auf Coaching kann man zwei Gruppe physischer Coaching-Medien unterscheiden, nämlich die Coaching-Kommunikationsmedien und die Coaching-Problemlösungsmedien.

Die erste Gruppe bezieht sich auf physischen bzw. technischen Medien, die die Kommunikation zwischen Coach und Coachee sicherstellen, z.B. auch dann, wenn sie an verschiedenen Orten sind oder zeitversetzt kommunizieren wollen.

Die zweite Gruppe beinhaltet physische bzw. technische Medien, die die Coachees bei ihrer Problembearbeitung anleiten, und zwar ggf. auch in Form von Selbstcoachings, d.h. ohne die direkte Unterstützung durch einen persönlichen Coach.

Die zentrale Funktion aller physischen Coaching-Medien ist, als Träger der zu bearbeitenden Coachinginhalte zu fungieren.

Voraussetzung dafür ist, dass es ihnen gelingt, die vorliegenden und möglichen psychischen Bedingungen der Selbststeuerung gezielt anzusprechen. Im Anschluss an Julius Kuhl (2010) lassen sich hier zwei Gruppen unterscheiden, nämlich die psychischen Bedingungen und Bedingungsmöglichkeiten der rationalen und der emotionalen Selbststeuerung. Diese lassen sich mit Bezug auf die drei grundlegenden Aktivitäten der Handlungssteuerung, des Denkens und des Erlebens auslegen. In diesen Sinne lassen sich sechs psychischen Bedingungen und Bedingungsmöglichkeiten unterscheiden, die für Coaching grundlegend sind und deshalb als psychische Problemlösungsmedien bezeichnet werden können , nämlich

  • rationales Denken
  • intuitives Denken (d.h. Imagination von faktischen, wahrscheinlichen und möglichen bzw. wünschenswerten Prozessen)
  • rationale Handlungssteuerung
  • intuitive Handlungssteuerung
  • selbst- und fremdreferenzielles Erleben im Spannungsfeld zwischen Widerfahrniserfahrung und Selbstwirksamkeitserfahrung
  • Gefühls- und Körpererfahrung

 

Dieser Zusammenhang von physischen und psychischen Coaching-Medien gestaltet sich folgendermaßen:

  • Textbasierte Coaching-Tools - wie z.B. das "Virtuelle Zielerreichungscoaching (VZC)" - stimulieren vor allem die psychischen Problemlösungsmedien des rationalen und intuitiven Denkens,
  • Bildbasierte Coaching-Tools hingegen - wie z.B. das ZRM-Online-Tool - sprechen vor allem die psychischen Problemlösungsmedien des intuitiven Denkens sowie der Gefühls- und Körpererfahrungen an.
  • Die Nutzung von Coaching-Tools, die virtuelle Welten mit Avataren anbieten wie z.B. CoSpaces oder ProReal, aktiviert zunächst einmal die rationale und intuitive Handlungssteuerung der Coachees und vermittelt auf diese Weise bestimmte Gefühls- und Körpererfahrungen, die insgesamt zum Anlass für rationale und intuitive Denkprozesse werden.

Literatur

Geißler, H. & Rödel, St. (2023). Handbuch professionelles Online-Coaching. Weinheim, Basel: Beltz

Kuhl, J. (2010). Lehrbuch der Persönlichkeitspsychologie: Motivation, Emotion, Selbststeuerung. Göttingen: Hogrefe