Avatar(-Coaching)

verfasst von Prof. Dr. H. Geißler  am 19. 11. 2022

Avatare sind elektronisch erzeugte und vermittelte 3D-visuelle Figuren in Gestalt von Menschen, Tieren, Fantasiewesen, Pflanzen und/oder Gegenständen, die in virtuellen Welten aufgestellt, gestaltet und bewegt werden können.

Für Coaching bieten sich dabei zwei Möglichkeiten an:

Die erste besteht darin, Avatare in virtuellen Welten - mithilfe von Second Life oder TriCAT Spaces - als Coaching-Kommunikationsmedium zu nutzen (Andrews 2014; Geißler & Rödel 2023, S. 156-165). Zu diesem Zweck betritt man zunächst eine Art Kleiderkammer und sucht sich dort für sich einen passenden Avatar aus. Mithilfe einer bestimmten Steuerungstechnik kann man ihn in der angebotenen virtuellen Welt positionieren und bewegen und auf diese Weise mit dem Avatar des anderen, d.h. des Coachs bzw. der Coachee kommunizieren. Parallel hierzu sind Coach und Coachee akustisch wie in einem Telefonat miteinander verbunden. Im Gegensatz zur Videokommunikation können sie sich aber nicht sehen.

Der Vorteil dieser Nutzungsmöglichkeit ist, dass Coachees unter Anleitung des Coachs gefahrlos bestimmte Verhaltensweisen ausprobieren und trainieren können, um auf diese Weise z.B. zu lernen, wie man sich in Konflikten oder Verhandlungen besser durchsetzt.

Der Nachteil hingegen ist, dass die technische Steuerung des Avatars viel Aufmerksamkeit auf sich zieht und dass die so erzeugten Verhaltensweisen nicht den spontanen Körperreaktionen (z.B. Mimik) der Kommunikationspartner entsprechen.

Die zweite Möglichkeit des Avatar-Coachings ist, es als Coaching-Problemlösungsmedium zu nutzen. Der Grundgedanke ist dabei, Avatare als Repräsentanten verschiedener Personen, Gruppen, Organisationen, Ideen oder eigener Persönlichkeitsanteile zu visualisieren (Geißler & Rödel 2023, S. 230-264). Für diesen Zweck bieten sich die technischen Möglichkeiten z.B. voCoachingspace, CoSpaces und ProReal an.

Die Vorteile eines als Problemlösjngsmediums genutzten Avatar-Coachings  lassen sich vor allem in den Coachingphasen der Problemanalyse und der Entwicklung von Lösungsmöglichkeiten entfalten.

Voraussetzung dafür ist jedoch ihre professionelle Verbindung zum einen mit moderierenden und zum anderen impulsgebenden Coachingmethoden.

Darüber hinaus ist die Integration in eine bedarfsgerecht, klar gegliederte Prozessstruktur von entscheidender Bedeutung. Denn ansonsten besteht die (Gamification-)Gefahr, sich in der Vielzahl der sich spielerisch anbietenden Visualisierungsmöglichkeiten zu verzetteln.

  

Literatur

Andrews A.R. (2014). Avatar coaching: A case study on the perception of virtual coaching interventions with an avatar coach.  Unpublished doctoral dissertation, Capella University, USA

Bredl K, Bräutigam B, Herz D (2012) Avatarbasierte Beratung und Coaching in 3D. In: H. Geißler & M. Metz (Hrsg), E-Coaching und Online Beratung (S. 121-136). Wiesbaden: Springer

Geißler, H. & Rödel S. (2023). Praxishandbuch professionelles Online-Coaching. Weinheim, Basel: Beltz